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Silvesterreflexionen( in German)

Hi
Ich bin Potschochter
Ich bin verheiratet. Ich bin 44. Bin gelernte Radiologietechnologin.
Habe zwei Kinder, die 16 und 18 sind. Bin nach der Geburt der ersten daheim geblieben.
Ich befinde mich in einer Ausbildung zum Mechatroniker. Es ist ein zweijähriges Kolleg.
Im Oktober 2020 stehen die Diplomprüfungen an und ich sollte auch eine Diplomarbeit schreiben.
Fakt ist. Ich weiß überhaupt nicht mehr warum ich das überhaupt angefangen habe.
Erkenne langsam, dass das echt nichts für mich ist.
Da muss man gescheit sein und wissen was man tut. Also: EHHH nix für mich.
Ich weiß überhaupt nicht, warum ich überhaupt des morgens aus dem Bett steige.
Nunja, ein wenig Feiertagslethargie kommt hinzu.
Aber ich denke diese Feiertage sind auch dazu da
einmal etwas inne zu halten im Leben sozusagen eine Zäsur einzulegen.
Ich stehe einfach an. Es sind soviele Erwartungen an mich, die niemand ausspricht aber, die ich spüre.
Ja, auch ich selber habe Erwartungen an mich, die ich aber unmöglich erfüllen kann.
Ich kann und will die Ausbildung nicht abbrechen.
Was wäre ich für ein Vorbild für die Kinder? Noch dazu hat meine Älteste heuer Matura!
Die Jüngere macht L17!. Das ist auch nicht gerade einfach für sie und mich und uns alle.
Was bin ich? Was kann ich, was soll ich tun?
Vielleicht entspringt das alles einem vorgezogenen Leere-Nest-Syndrom, obwohl die Kinder noch daheim sind?
In einer Sekunde denke ich, das wird alles irgendwie gehen. Die nächste Sekunda drauf,
falle ich wieder in ein Loch, um die nächste Sekunde drauf wieder festzustellen, dass die Sonne scheint.
 Aber scheint sie auch in meinem Leben? Dann kommt wieder mein Über-Ich und sagt, mir,
 dass ich gefälligst dankbar sein solle.
Ich wäre gesund, soweit ich das weiß und überhaupt, Ihr habt ein Haus das abbezahlt ist.
Ja, mag schon alles sein. Aber ich fühle mich so nutzlos und wertlos.
Ich bewundere meine Ältere mit welcher Konsequenz sie ihre VWA schreibt
und ich hab meine Diplomarbeit noch nicht mal ordentlich begonnen.
Ich weiß amittlerweile auch schon warum ich sie noch nicht begonnen habe.
Nämlich aus Angst, dass alles Scheiße ist, was ich da schreiben werde.
Wahrscheinlich schwingt auch die Angst mit,
dass dieses Schülerleben wenn ich es schaffe,
dann ein Ende haben wird und ich dann auf mich allein gestellt bin.
Aber Erfahrungen haben gezeigt, dass ich nicht lebensfähig bin.
Ich kann in der echten Welt einfach nicht überleben.
Ich brauche eine geschützte Werkstätte, wo ich eine Aufgabe habe, die mich nicht überfordert,
 mich aber auch nicht langweilt, wo ich Zeit en masse habe, um sie zu erledigen.
Ich kann mich für gar nichts mehr begeistern.
Ja, ich brauche auch Anerkennung. Aber wofür soll mir jemand Anerkennung geben, wenn ich nichts zusammenbringe?
Vielleicht durchlebe ich auch eine ausgewachsene Midlife-Crisis?
Wer kann das schon sagen.
Das einzige wo ich in meinem Leben wirklich Befriedigung empfunden habe,
war jedesmal wenn ich einen Text verfasst hatte, der Menschen berührt hatte.
Sei es nun, dass sie lachten oder nachdenklich wurden. Ja, ich schreibe gerne.
Aber wahrscheinlich nur um mich auszudrücken und nicht um irgendwelche wissenschaftliche
Texte zu verfassen die mit Fachtermini gespickt sind.
Für mich ist Schreiben wie ein Atem-holen der Seele.
Wohl mehr eine Art Ventil, um mit meinen Zuständen fertig zu werden.
Was ist nur los mit mir? Wenn ich mir selber etwas vornehme, dann kann ich mich verbeißen, wie ein Rauhaardackel.
Aber soblad die Anforderungen von Außen kommen, dann bin ich stocksteif vor Angst wie gelähmt.
Irgendwie bin ich wohl von einem anderen Planeten, nur weiß ich nicht welcher das ist.
Ich bin 44. Selbst wenn ich diese Ausbildung schaffen würde, wer würde mich überhaupt einstellen?
Ich habe zwei linke Hände, wie man so schön sagt.
Ich neige dazu, minutenlang in die Luft zu starren, die Umwelt um mich herum nicht mehr wahrzunehmen.
Klar habe ich mir diese Ausbildung selber ausgesucht und habe sie auch mit Riesenneugierde und ein gerütteltes Maß an Mut begonnen.
Jetzt jedoch habe ich das Gefühl fremdgelebt zu werden.
Auf meiner TO-Do-Liste steht:

Werkstattprotokoll
Mathe üben
MTSA üben
Informatik Referat recherchieren
Diplomarbeit in Häppchen aufteilen
KOP Projekt(Dieses beschissene Ding hängt auch noch wie ein Damoklesschwert über mir.)

Aber will ich das alles? Was bringt mir das alles für mein Leben?
Wieviel Macht hat dieses Kolleg über mich?
Wieviel Macht gestehe ich ihm überhaupt zu. Das ist alleine meine Entscheidung.
Ich bin ein Mensch mit einem großen Sicherheitsbedürfnis. Unvorhergesehene Dinge machen mir Angst.
Erschüttern meine nicht vorhandenen Grundfeste.
Ich beobachte, dass ich mich besser fühle, wenn die Sonne scheint.
Aber die Sonne schreibt auch nicht meine Arbeiten.
PANIK ist ein Hilfsausdruck für das Gefühl, das mich befällt, wenn ich an das kommende Jahr denke.
Ich habe das Kolleg begonnen, um mich kennenzulernen. Um mich auszuprobieren.
Nun jetzt habe ich meine Grenzen erkannt. Super.
Ja, ich kenne meine Grenzen. Perfekt! und was jetzt?!
Mit meinem Mann kann ich darüber nicht sprechen. Er würde das nicht verstehen!
Er sieht in mir Dinge, die definitiv nicht vorhanden sind. Er glaubt, daran, dass ich das Kolleg schaffen werde.
Ich will ihn nicht enttäuschen. Wenn ich nur wüsste was ich mit mir und meinem Leben anfangen sollte.
Die Leute in miener Klasse sind alle wirklich nett.
Sie scheinen Respekt zu haben, dass ich mir das in meinem Alter noch antue.
Oder sie sind zu wohlerzogen, um mir die Wahrheit zu sagen. Wie dem auch sei.
Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
Das sind alles junge Leute mit einem Ziel vor Augen. Die wissen alle was sie wollen vom Leben.
Was will ich?
Ich möchte eine Beschäftigung, die mich in Flowzustände geraten lässt,
die mir das Gefühl gibt, etwas geleistet zu haben. Etwas das nachhaltig Sinn liefert.
Aber was könnte das sein? Was bringt im Leben nachhaltig Sinn?
Was sind meine Begabungen und wo könnte ich sie, wenn vorahnden, einsetzen?
Wo ist mein Platz im Leben? Ich denke diese Antwort werde ich wohl nie bekommen.

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